„Seid Menschen!“ – Lesung und Gespräch mit Margot Friedländer am 27.11.22

Eindrücklich, bewegend, zum Nachdenken anregend – so lässt sich der Lese- und Talk-Abend mit Margot Friedländer am 27.11.2022 in der Friedenskirche Charlottenburg am besten beschreiben.. Margot Friedländer ist 101 Jahre alt, Berlinerin, Holocaust-Überlebende, Zeitzeugin, Ehrenbürgerin Berlins folgte der Einladung zur Kooperationsveranstaltung des “Berliner Forums der Religionen“, des “Interreligiösen Dialogs Charlottenburg-Wilmersdorf“, des Integrationsbüros des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf und „Kawod – Respekt für Menschenwürde und gegen Antisemitismus“ - ein Podcastprojekt des Jüdischen Bildungswerkes Berlin.

Gruppenfoto mit dem Interreligiösen Dialog und Berliner Forum der Religionen und ehem.Bürgermeister Reinhard Naumann

Video des Abends hier

 

Die 160 Besucher:innen verfolgten gebannt vor Ort sowie rund 300 per Facebook und YouTube-Stream ihre Lesung und Antworten. Sie las aus ihrem Buch „Du sollst dein Leben machen“ vor, welches ihre Erfahrungen aus ihrer Zeit aus dem Untergrund und im KZ Theresienstadt schilderte. Der Titel ihres Buches stammt von ihrer Mutter, die mit Margots Bruder Ralph nach Auschwitz deportiert und dort ermordet wurde. Margot Friedländer beschreibt in ihrem Buch die ständige Angst als Jüdin erkannt zu werden, die Orte der Helfer:innen, die sie versteckten und durch die sie viele Monate der Deportation entkommen konnte sowie die schreckliche Zeit im KZ Theresienstadt.

Im Anschluss an die Lesung, die über eine DVD abgespielt wurde, konnten Fragen an Margot Friedländer gestellt werden. Gerade junge Teilnehmer:innen interessierte, wie sich Margot Friedländer trotz der unmenschlichen Erlebnisse ihre positive Lebenseinstellung bewahrt hat und was sie motiviert, v.a. in Schulen Jugendlichen von ihrem Leben zu erzählen. „Ich tue es für euch“ – diese Worte klingen nach und wiederholte sie mehrfach, denn ihre Mission ist unmissverständlich: So etwas darf nicht noch einmal passieren. Und mahnend wiederholt sie: „Respektiert Menschen – das ist das Wichtigste! Seid Menschen!“

Im Anschluss der Veranstaltung gratulierte Reinhard Naumann, ehemaliger Vorsitzender des Interreligiösen Dialogs und ehemaliger Bezirksbürgermeisten Charlottenburg-Wilmersdorf Margot Friedländer nachträglich zum 101. Geburtstag und endete mit den Worten „Jeder Tag zählt, wenn man 101 ist – Margot, wir lieben dich“. Nach dem Gespräch gab es die Möglichkeit, ein von Margot Friedländer signiertes Buch zu erwerben.

 

Margot Friedländer wurde 1921 in Berlin geboren. 1943 ging die Tochter jüdischer Eltern in den Untergrund, wurde jedoch schließlich verhaftet und in das KZ Theresienstadt deportiert. Ihre Eltern und ihr Bruder überlebten den Holocaust nicht. 1946 emigrierte Margot Friedländer in die USA. 2003 kehrte sie auf Einladung des Berliner Senats für „verfolgte und emigrierte Bürger“ besuchsweise nach Berlin zurück. 2008 erschien ihre Autobiografie "Versuche, dein Leben zu machen". 2010 ließ sich Margot Friedländer dauerhaft in Berlin nieder. In zahlreichen Schulen und anderen Einrichtungen berichtete sie über ihr Leben. 2011 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.